Lisa Elsässer
OB UND DARIN
Gedichte
Fadengeheftete Broschur, 108 Seiten, 17.6 x 13.2 cm
Schutzumschlag: Maria Zgraggen
ISBN 978-3-9523273-2-6
28 Franken, 17 Euro
April 2008
Leseprobe
Mit ihrem ersten Gedichtband kehrt Lisa Elsässer ins Tal ihrer Kindheit zurück. Das ist ganz wörtlich zu nehmen. Denn hier im Schächental, in einem Haus, das sie als Kind schon kannte und wo sich heute der Sitz der edition pudelundpinscher befindet, hier sind ihre Gedichte erschienen. Die Künstlerin Maria Zgraggen aus Bürglen, wo Lisa Elsässer zusammen mit acht Geschwistern aufgewachsen ist, hat den Schutzumschlag dieses Bandes gestaltet. (Bei der edition pudelundpinscher ist es Brauch, dass jedes ihrer Bücher einen von Künstlerhand eigens entworfenen Schutzumschlag erhält.)
In der »Translation Review 80« sind drei von Anne Posten ins Englische übersetzte Gedichte aus OB UND DARIN erschienen, zusammen mit einem Essay von Anja Kampmann.
»Zu den Gedichten von Lisa Elsässer
Am Anfang war das Wort, das wussten wir. Aber am Ende steht kein Ende, da stehen mehrere anfänge: das lesen wir jetzt bei Lisa Elsässer. In ihren Gedichten wird öfter mal auf- und ausgebrochen, es wird aufbegehrt und nachgefragt. Also immer wieder angefangen. Es soll sich, heißt das auch, nichts allzu schnell beruhigen, und gerade darum lassen die Gedichte das gern offen, was nur offen gelassen an Deutlichkeit gewinnen kann.
Manchmal genügt dazu eine winzige Leerstelle – dort, wo sie nicht erwartet wird. Ein Hinauszögern, das wie Verstummen aussieht. Manchmal reicht es aber bereits, wenn ein einziger Buchstabe plötzlich wegfällt, und alles kippt. Oder es kommt ein Buchstabe hinzu, und alles wird anders, leicht und unaufdringlich anders, und jedesmal wirksam. Sofort scheint die Welt für eine Weile den neuen, den Elsässerschen Regeln unterworfen. Auf engstem Raum, oft eingesperrt in Blocksatz, der auf den ersten Blick so unerbittlich streng erscheinen will. Lisa Elsässer verengt den Raum, macht ihn zum Spielraum und erzeugt darin befreiende Mehrdeutigkeit. Und wie nebenbei führt sie vor, was Sprache preisgeben kann, wenn sie dazu gedrängt wird.
Denn natürlich sind Lisa Elsässers Gedichte auch beschäftigt mit ihrer Sprachlichkeit. Aus wort kann ort werden, aus ort dann tor, das ist nur ein Beispiel. zu wenig lieb für die liebe, ein anderes Beispiel. Das scheint zunächst noch harmlos und ist es schnell nicht mehr, denn das kleine Sprachspiel benennt wie beiläufig eine Kalamität, der mit Sprachspielen nicht mehr beizukommen ist. Übrigens finden sich hier einige wunderbare Liebesgedichte. Sie sind schön, weil sie auch genau sind. Zeit- und schwerelos. Sie ducken sich nicht einfach weg unter den Unwägbarkeiten der Gefühle, sondern stellen diese zur Rede. Leicht ist das ja nicht. Andere Gedichte sind eingefärbt von den Irrläufen der Traumarbeit und von den Aufgaben, die der Tod hinterlässt. Fast alle machen weiter, indem sie endlich anfangen. Und immer ist spürbar der Eigensinn der Sprache, der so manches aus den Angeln der Konvention hebt. Unglaublich, was diese Gedichte an Material bewegen.«
Martin Zingg (Klappentext)
»Jedes Gedicht ein Feldstück, auf dem angebaut und geerntet, ein abgesteckter Claim, der aufgegraben, durchwühlt, nach Findenswertem durchsucht wird. Nicht wie die meisten ihrer Gattungsgenossen die haltlose Gestalt einer ausgefransten Fahne haben diese Gedichte, sondern eine intakte äußere Form; im Gegenzug haben sie das Brüchige, Geklüftete, Inhomogene augenfällig in ihr Inneres aufgenommen. [...] Die Texte verschmelzen auf gekonnte Weise eine beinahe klassisch anmutende Gedankenklarheit mit sprachspielerischen Verfahrensweisen, die man als experimentell bezeichnen könnte, und dem sparsam und sinnstiftend eingesetzten unmittelbaren Gestaltreiz der konkreten Poesie. Daraus fügt sich ein schlüssiger, unaufdringlicher Personalstil, dem viele Register des im Gedicht Möglichen in scheinbar müheloser Gleichzeitigkeit zur Verfügung stehen.«
Helwig Brunner in »Ostragehe«
»Sie spielt es gekonnt, das partikuläre Spiel mit Partikeln: Die im Kanton Uri geborene Literatin Lisa Elsässer lässt in ihrem Gedichtband auf sehr persönliche Weise Wort aus Wort wachsen, verfremdet, deutet um und neu, knüpft scheinbar eindeutige Aussagen zu einer Kette von Mehrdeutigkeiten. [...] Nichts ist engültig festgelegt, Bilder verästeln sich in Möglichkeiten. Auf knapp hundert Seiten ist der Autorin hier ein Beispiel virtuoser Sprachkunst gelungen.«
Fred Dolp in »Das Kulturmagazin«
»Sie redet beschwörend, tastet sich aber auch wieder an Worte heran und bricht mitten im Sprechen ab. Nicht Texte mit bündigen Aussagen strebt sie an; eine Bemerkung wie ›die welt krankt am fussballfieber‹ entpuppt sich geradezu als Rarität. Vielmehr umkreist sie den Kern ihrer Aussagen, rückt einmal näher heran, dann wieder weiter weg. [...] Und so spricht Lisa Elässer von der Nacht und den Schlafenden, vom Ich und Du, vom Tod und der Liebe, der Nähe und der Ferne – immer in einer behutsamen Tonart.«
Beatrice Eichmann-Leutenegger in »Der Bund«
»am anfang / war das wort, stellt das erste Gedicht in Lisa Elsässers Débutband OB UND DARIN lakonisch fest, am ende mehrere anfänge. Und schon hat das Wort, das da den Anfang herbeiwirbelte, den Sinn destabilisiert und die Ordnung in Aufruhr gebracht. Ausgehend von einer kleinen Beobachtung, einem erwachenden Gefühl, einer blassen Momentaufnahme, begibt sich die 57-jährige Autorin mit ihren knappen Gedichten in einen Raum der Sprache, der nach den Gesetzen der Schwer- wie auch der Schwebekraft funktioniert und in dem sich die Wörter gegenseitig federleicht antreiben, weiterstossen wie übermütig gewordene Dominosteine ...«
Alexandra Stäheli in der »Neuen Zürcher Zeitung«
»Sprachspiele auf engstem Raum, im Blocksatz zu Papier gebracht, um Gedankenwege aufzuzeigen, Verbindungen ebenso wie überraschende Kontraste und Mehrdeutigkeiten.«
Sybille Walter in »Neues Deutschland«
Die Autorin:
Lisa Elsässer